Einsatz auf der Revolutionären 1. Mai Demonstration 2020

Lange hätte es niemand für möglich gehalten, doch nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das das generelle Versammlungsverbot während der Corona-Pandemie kippte, konnte nun doch eine Revolutionäre 1. Mai Demonstration in Stuttgart stattfinden. Schon im Vorfeld legten die Veranstalter*innen großen Wert auf den Infektionsschutz. Ob in den Videos zur Mobilisierung oder in den Aufrufen der verschiedenen beteiligten Gruppen, fast überall hatte das Thema einen hohen Stellenwert. Abstand halten und Maske tragen war die Divise und ein klares Zeichen der Solidarität.

Soweit uns bekannt, war es heute die erste Demonstration seit Beginn der Kontaktbeschränkungen, die stattfand. Ein Erfahrungsschatz bestand also nicht. Trotzdem mangelte es den Organisator*innen nicht an Umsetzungs-Ideen. So diente beispielsweise eine seitliche Orientierungsschnur mit Markierungen dazu einen ausreichenden Abstand zwischen den Reihen auf der Demonstration einzuhalten. Dass dies trotz großer Mühen nicht immer überall einwandfrei klappte, war angesichts der großen Zahl an Teilnehmenden durchaus verständlich. Mit 200 Demonstrant*innen hatte man gerechnet, da man davon ausgegangen war, dass viele aufgrund der Corona-Pandemie daheim bleiben würden. Letzten Endes waren es ungefähr drei mal so viele, die sich heute auf dem Marktplatz in Stuttgart einfanden.

Besonders bemerkenswert finden wir die Tatsache, dass die Veranstalter*innen nicht die Mühe gescheut haben, in der vergangenen Woche massenhaft rote Stoffmasken zu nähen, die bei der Auftaktkundgebung kostenlos verteilt wurden (Siehe Bild). Sie prägten nicht nur das Bild der diesjährigen Demonstration und setzten so ein Zeichen, dass Versammlungsrecht und Infektionsschutz kein Gegensatz sein müssen, sondern stehen auch nach der Demonstration weiter im Alltag zur Verfügung um sich und die Mitmenschen zu schützen.

Die Sanitätsgruppe Süd-West e.V. sicherte die revolutionäre 1. Mai Demonstration mit mehreren Teams sanitätsdienstlich ab. Dabei kam es zu keinen nennenswerte Vorfällen. Insgesamt mussten lediglich 2 kleine Bagatellverletzungen versorgt werden. Durch eine Händewaschstation haben auch wir unseren Beitrag dazu geleistet, das Infektionsrisiko zu reduzieren.

Für die Zukunft bleibt festzuhalten: Infektionsschutz und Versammlungsfreiheit sind nicht zwingend ein Gegensatz. Doch aus den nun ersten Erfahrungen muss gelernt werden, was gut lief und was verbessert werden kann. Denn nur das Beste ist grade gut genug, wenn es um Menschenleben geht.


Information zur 1. Mai Demostration 2020 in Stuttgart

Auch in diesem Jahr wird es in Stuttgart eine revolutionäre 1. Mai Demonstration geben. Nachdem das Bundesverfassungsgericht ein generelles Versammlungsverbot aufgrund der Corona-Pandemie gekippt hat, kann diese nun unter besonderen Infektionsschutzmaßnahmen und mit verkürzter Route stattfinden. Wir werden die Demonstration mit mehreren Teams sanitätsdienstlich begleiten. Wenn unsere Hilfe benötigt wird, sind wir unter 0170 831 831 5 erreichbar. Bei schweren Notfällen bitte zusätzlich einen Notruf unter 112 absetzen.

Zum Ablauf:
Zunächst findet von 12.00 Uhr bis 13:00 Uhr eine Kundgebung auf dem Marktplatz statt. Während der gesamten Versammlung müssen alle Teilnehmer*innen einen Abstand von 1,5 Metern zueinander und von 2 Metern zu Passant*innen einhalten. Maximal 2 Personen (außer aus dem selben Haushalt) dürfen beieinander stehen. Anschließend erfolgt die Aufstellung der Demonstration mit 3 Leuten pro Reihe im 1,5 Meter Abstand. Um 13:30 läuft die Demonstration mit verkürzter Route zum Marienplatz, wo sie gegen 14:15 Uhr planmäßig enden soll. Wir bitten alle Teilnehmer*innen Hinweise der Ordner*innen zu beachten.

Zum Infektionsschutz:
– Abstand halten ist das Gebot in der Pandemie. Keine Infektionsschutzmaßnahme ist wichtiger und verringert effektiver Übertragungswege. Das gilt natürlich auch für Versammlungen.
– Das Tragen einer Maske ist ein effektiver zusätzlicher Schutz sowohl für einen selbst, als auch für den Gegenüber. Dabei kann die Bedeckung von Mund und Nase alleine nicht ausreichend das Abstandhalten zu anderen Personen ersetzen. Es ist nur eine zusätzliche Sicherheit, vor allem für Situationen, in denen ein ausreichender Abstand nicht gewährleistet werden kann. Im Sinne des Infektionsschutzes ist aktuell das Vermummungsverbot nach §17a Absatz 2 Nr. 1 des Versammlungsgesetzes teilweise ausgesetzt. Soweit sich die Bedeckung des Gesichts auf den Mund-Nasen-Schutz beschränkt und die Augen- und Stirn-Partie deutlich erkennbar ist, ist während der Gültigkeit der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg dieser Tatbestand nicht erfüllt.
– Um Infektionswege weiter einzudämmen ist es weiter sinnvoll auf eine ausreichende Hygiene der Hände zu achten. Dabei sollte es im öffentlichen Raum vor allem vermieden werden, sich ins Gesicht zu fassen, auch wenn dies immer wieder sehr viel Disziplin abverlangt. Grundsätzlich sollte man nur Gegenstände anfassen, die man unbedingt anfassen muss. Hände waschen, vor allem nach dem Heim kommen stellt eine effektive Reduktion der Erregerzahl auf den Handflächen dar. In diesem Zusammenhang raten wir von der Verwendung von Einmalhandschuhen ab. Sie bieten im Alltag länger getragen keinen Schutz und führen durch Sorglosigkeit eher zum Gegenteil.
– Für Rückfragen zum Infektionsschutz auf Demonstrationen stehen wir gerne zur Verfügung.


Die Coronakrise belastet auch uns finanziell! Unterstützen sie uns jetzt!

Lieber Unterstützer,
Liebe Unterstützerin,

Als gemeinnützige Sanitätsorganisation stellen wir seit 1997 die medizinische Versorgung auf Demonstrationen und Kundgebungen sicher. Außerdem unterstützen wir nicht kommerzielle Kulturveranstaltungen mit kostenlosen Sanitätsdiensten. Die Divise lautet: Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit soll möglichst gefahrlos ausgeübt werden können und Kultur, ob alternativ oder einfach nicht lukrativ, darf nicht am Geld scheitern.

Aktuell haben viele mit den wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise zu kämpfen. Auch wir bekommen die finanziellen Auswirkungen zu spüren, besonders da für gemeinnützige Vereine keine großen Hilfsprogramme vorgesehen sind. Angefangen beim Essensverkauf auf Festen, über ausbleibende Bargeldspenden während sanitätsdienstlichen Absicherungen, bis hin zu finanziellen Zuwendungen durch Veranstalter*innen: Viele Einnahmequellen fallen für uns zur Zeit weg. Währenddessen bleiben regelmäßige Kosten wie die Miete für unsere Vereinsräumlichkeiten bestehen. Auch das vorgehaltene medizinische Verbrauchsmaterial verfällt
weiter und muss ersetzt werden.

Wir möchten explizit niemanden zur Spende ermutigen, der/die aktuell selbst durch die Krise schwer belastet ist. Bei allen anderen würden wir uns sehr über — auch kleine — Spenden freuen. Auf Anfrage können wir Spendenbescheinigungen ausstellen.

Spendenkonto:
Sanitätsgruppe Süd-West e.V.
IBAN DE92 6009 0100 0524 5980 02
BIC VOBADESS
Volksbank Stuttgart eG
Verwendungszweck: Spende

Weitere Infos rund ums Spenden finden sie hier.


Infektionsschutz auf Einsätzen bei Demonstrationen

Nachdem das Bundesverfassungsgericht das allgemeine Versammlungsverbot aufgrund der Coronavirus-Pandemie gekippt hat, ist ab sofort wieder mit Demonstrationen und Kundgebungen und somit mit Einsätzen für uns Demosanitäter*innen zu rechnen. Daher haben wir, um uns und die Versammlungsteilnehmer*innen möglichst effektiv zu schützen, heute Infektionsschutzregeln für unsere kommenden Einsätze festgelegt. Dabei steht nicht zuletzt der Umgang mit den knappen Ressourcen an Masken und Desinfektionsmittel im Vordergrund, aber auch der Umgang mit möglicherweise infizierten Einsatzkräften oder mit Risikogruppen.

Genau beobachten wir aktuell auch, wie sich die rechtliche Lage im Bezug auf die Genehmigung von Versammlungen und die Auflagen der Behörden zum Infektionsschutz entwickelt.


Es ist Zeit für Solidarität!

Aktuell ist der Coronavirus überall das Hauptthema. Die Timlines sind voll von guten und weniger guten Ratschlägen, von Informationen und Fehlinformationen. Wir haben uns bis jetzt bewusst nicht zum Coronavirus geäußert, um die Panik nicht weiter anzufachen. Gute Ratschläge von Händewaschen bis Abstandhalten haben wir alle schon zu Hauf gelesen.

Doch nun wollen wir einige grundlegende Feststellungen treffen:

1) Warum ist der Coronavirus überhaupt so ein Problem?
Schaut man sich die aktuellen Zahlen an, so wird man eine große Varianz in den Sterblichkeitsraten des Coronavirus feststellen (teilweise weit oberhalb, teils weit unterhalb der Sterblichkeiten der letzten Grippeausbrüche). Im Schnitt liegen diese gerade weltweit bei 3,7% aller positiv Getesteten (China 3,9%, Italien ca. 7%, Deutschland 0,2% – Stand 14.03.2020). Natürlich handelt es sich hierbei nur um einen aktuellen Stand bei vielen noch nicht endgültig abgelaufenen Erkrankungen. Trotzdem lässt es eine gewisse Einordnung der Lage zu, wenn man diese Zahlen mit der jeweiligen Situation vor Ort in Verbindung bringt. Denn diese Zahlen hängen unmittelbar von den medizinsichen Versorgungsmöglichkeiten vor Ort ab. Momentan ist in Deutschland nachwievor eine gute individuelle intensivmedizinische Versorgung für alle Erkrankten möglich. In Italien hingegen übersteigt die Zahl der Patienten inzwischen deutlich die Kapazitäten der Kliniken. Drastische Einsparungen der letzten Jahre wirken sich nun negativ aus und fordern konkret Menschenleben. Auch in Deutschland hat mit der Umstellung auf das Fallpauschalenmodell schon vor vielen Jahren ein Abbau der Kapazitäten begonnen, der nach wie vor andauert. Erst 2019 veröffentlichte die Bertelsmannstiftung eine Studie in der 50% der Klinikkapazitäten als überflüssig deklariert wurden. Wie falsch sie damit liegen, können wir heute live miterleben, doch die Politik sprang sofort drauf an. Daher heißt es nun aus den Folgen zu lernen und den weiteren Abbau von Kliniken endgültig zu stoppen. Gesundheit ist keine Ware, beste medizinische Versorgung ist ein Menschenrecht!

2.) Aktuell befinden wir uns in der Situation, dass sich der Coronavirus nicht länger durch einzelne Quarantänemaßnahmen einschränken lässt. Diese Maßnahmen waren bei geringen Fallzahlen durchaus sinnvoll. Inzwischen allerdings geht es nunmehr darum die in Italien bereits existente Überforderung des Gesundheitssystems in Deutschland zu verhindern. Dazu bedarf es einer Mitarbeit von uns allen:
– Viele einfache Erkältungen brauchen keine besondere medizinische Betreuung. Viele Infektionen verlaufen harmlos oder sogar symptomfrei. Lasst die Kapazitäten von der Hotline bis zum Krankenhaus denjenigen, die sie wirklich benötigen. Bleibt wenn ihr krank seit zuhause und trinkt einen Tee und holt euch dann Hilfe, wenn ihr sie wirklich braucht.
– Dem oben erwähnten Kapazitätenmangel in Krankenhäusern die schon zu normalen Zeiten mit voll belegten Betten und nicht besetzten Stellen arbeiten, lässt sich vor allem dadurch begegnen, dass die wenigen schweren Fälle nacheinander und nicht alle zeitgleich abgearbeitet werden können. Dann haben wir in Deutschland die besten Voraussetzungen dafür, dass Coronavirusinfektionen bestmöglich therapiert werden können. Um dies zu erreichen, sollten Übertragungswege reduziert werden. Das bedeutet konkret: Es ist Zeit für Solidarität! Als junger und gesunder Mensch muss man sich kaum Sorgen machen (eine Panik ist nicht angebracht), doch wir alle sind Überträger*innen. Lasst uns gemeinsam jene schützen, die anfällig sind, indem wir alle unnötigen Sozialkontakte vermeiden (z.B. telefonieren statt treffen, Veranstaltungen verschieben, etc.) und so die Übertragung verlangsamen.

Hinterfragt kritisch alle Informationen und informiert euch auf seriösen Quellen, zum Beispiel direkt beim Robert-Koch-Institut:
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/nCoV.html

Update – Wie kommen wir auf die Zahlen:

Beispielrechnung Deutschland:
3156 bestätigte Infizierte
8 Todesfälle
100/3156*8=0,2

Dabei ist wie schon im Text angedeutet nicht berücksichtigt, dass viele Erkrankungen noch nicht auskurriert sind und so noch tötlich enden können. Genausowenig ist die Dunkelziffer von Infizierten, die keine oder nur geringe Symptome aufweisen und nicht getestet wurden, berücksichtigt. Auch die zukünftige Entwicklung mit ggf. Überforderung des Gesundheitssystems oder eben auch nicht, ist in der Momentaufnahme nicht berücksichtigt. Entsprechend können sehr unterschiedliche Zahlen je nach Hochrechnungsmodell kursieren. Wir haben bewusst einfach die Rohdaten genommen, nichts hochgerechnet und eine Momentaufnahme verwendet.