Jahresrückblick 2024

Ein arbeitsreiches Jahr 2024 liegt nun hinter uns. Es war ein Rekordjahr mit mehr Einsätzen als je zuvor. Bereits zum Jahresbeginn kam es im Januar nach der Correktiv-Recherche zum Geheimtreffen mit AfD-Mitgliedern an vielen Ort zu großen antifaschistischen Demonstrationen, die wiederholt von uns sanitätsdienstlich begleitet wurden. Wir denken z.B. zurück an den unglaublich vollen Schlossplatz am 20. Januar in Stuttgart.

Doch auch im Februar riss die Welle an Einsätzen nicht ab. Es standen weitere große Kundgebungen gegen die AfD an. Unter dem Motto „Die rechte Welle brechen“ gingen am 24. Februar erneut eine fünfstellige Zahl Menschen in Stuttgart auf die Straße. Außerdem fand die alljährliche Demonstration gegen die NATO-Sicherheitskonferenz in München statt. Im Februar ist auch der Jahrestag der Bombardierung Pforzheims im 2 Weltkrieg, an dem es jedes Jahr eine ultrarechte Fackelmahnwache auf dem Wartberg gibt, die von Gegenprotesten begeleitet wird.

Der März begann für uns mit einem tollen WIZO-Konzert in Stuttgart. Es folgten erneut antifaschistische Proteste, der Bosch-Aktionstag der IG Metall, sowie der Ostermarsch.

Im April sicherten wir den Globalen Klimastreik von Fridays For Future in Stuttgart ab. Außerdem folgten erneut weitere Einsätze auf antifaschistischen Kundgebungen gegen den AfD-Frühjahrsempfang in Karlsruhe, eine AfD-Kundgebung in Pforzheim und eine AFD Veranstalung im Kursaal in Stuttgart Bad-Cannstatt.

Der Mai begann natürlich mit den Demonstrationen zum 1. Mai, dem Tag der Arbeiterklasse, in Stuttgart und Karlsruhe. Dabei mussten wir bei der revolutionären 1. Mai Demonstration in Stuttgart fast 100 Personen versorgen, nachdem die Demonstration von der Polizei gewaltsam gestoppt und eingekesselt worden war. Mehr dazu findet ihr in unserer Pressemitteilung Nr. 33.

Es folgten weitere Einsätze bei nicht-kommerziellen Kulturveranstaltungen, wie dem Beat for Freaks in Backnang oder dem Festival for Future in Wiesloch. Außerdem sicherten wir z.B. den Klimastreik von Fridays for Future vor der EU-Wahl und die Nakba-Demonstration in Stuttgart ab. „Nakba“ bezeichnet die Verteibung von Palästinenser*inne während des Palästina-Kriegs von 1947 bis 1949 mit den daraus resultierenden Folgen für die palästinensische Bevölkerung. Im weiteren Sinne steht das Wort auch für die anhaltende Unterdrückung des palästinensischen Volkes.

Auch im Juni folgten wieder weitere antifaschistische Versammlungen gegen die sogenannte Alternative für Deutschland. So beteiligten wir uns an der Absicherung der Proteste gegen den AfD-Bundesparteitag in Essen, bei dem es zu zahlreichen Verletzten kam. Außerdem begleiteten wir im Pride Month den Christopher Street Day in Schwäbisch Hall und die Critical Pride in Stuttgart.

Nachdem wir im Mai bereits ein stuttgarter Kickbox-Event abgesichert hatten, begann der Juli für uns mit einem Sanitätsdienst beim Kicken gegen Rassismus in Stuttgart. Besonders gerührt waren wir davon, dass uns die Veranstalter*innen bei der Siegerehrung einen Pokal für unsere Arbeit verliehen. Außerdem sicherten wir das „Kein Bock auf Nazis Festival in Kusel sanitätsdienstlich ab.

Auf den August freuen wir uns immer ganz besonders, denn dort findet jedes Jahr das Umsonst & Draußen Festival auf dem Festplatz Krehlstraße in Stuttgart-Vaihingen statt. Als 3 Tage lang liebevoll organisiertes Chaos wird das U&D immer wieder beschrieben, auf dem wir auch 2024 wieder die medizische Betreuung übernommen haben. Dabei ist das Festival nicht zuletzt deswegen ein Highlight unseres Jahres geworden, weil sich über die Jahre eine enge Freundschaft zwischen unserem Verein und dem UD-Plenum, welches das Festival organisiert, entwickelt hat.

Nachdem der August mit einer Demonstration für Versammlungsfreiheit in Karlsruhe geendet ist, folgten im September die antimilitaristischen Proteste vom Rheinmetall Entwaffnen Bündnis in Kiel. Dort fand nicht nur über mehrere Tage ein Protestcamp statt, sondern der Widerspruch gegen die Aufrüstung wurde an einem Aktionstag auch direkt zur dort ansässigen Rüstungsindustrie getragen. Der Oktober bildete danach jedoch das verspätete Sommerloch und blieb als einziger Monat unter vielen arbeitsreichen Monaten ohne Einsatz.

Im November folgten schließlich fünf Einsätze v.a. zu den Themen Antifaschismus und Sexismus, unter denen vor allem der Naziaufmarsch der NPD und „Die Rechte“ in Karlsruhe mit 15 Behandlungen hervorstach. Die NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands) wurde 2023 als Abspaltung der Partei „Die Heimat“ wiedergeründet, die sich zuvor umbenannt hatte und ebenfalls NPD hieß.

Dabei übernahm die neue NPD vollständig das Parteiprogramm der „Heimat“ und wolle dieses konsequenter umsetzen. Damit bekennt sich auch die neue NPD vollumfänglich zu den Zielsetzungen, die bereits mehrfach vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsfeindlich eingeordnet wurden.

Den Jahresabschluss macht bekanntlich der Dezember – diesmal mit einer Demonstration gegen die Kriminalisierung von Schwangerschaftabbrüchen in Karlsruhe, eine Solidaritätsdemonstration für Rojava in Stuttgart und dem traditionellen Knastspaziergang an Silvester in Heimsheim. Rojava wird der Westen Kurdistans genannt, der im Norden Syriens liegt.

Dort baut sich unter kurdischer Führung seit vielen Jahren eine demokratische Selbstverwaltung auf, an der Frauen gleichberechtigt teilnehmen und die Minderheiten und Ethnien einbindet und schützt. Seit der islamistischen Machtübernahme in Syrien kommt es aktuell vermehrt zu Angriffen durch das türkische Militär und islamistische Milizen auf dieses fortschrittliche Projekt, bei denen Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind. Beim traditionellen Knastspaziergang grüßt die linksradikale Bewegung seit Jahrzehnten politische Aktivist*innen, die Haftstrafen absitzen und spricht ihnen ihre Solidarität aus.

Auch im Hintergrund waren wir 2024 nicht untätig. Neben der notwendigen Modernisierung unseres Equipments, u.a. durch die Neuanschaffung von Einsatzrucksäcken, war der Fokus auf dem Aufbau einer eLearning-Plattform. Damit wollen wir zukünftig die interne Fortbildung und somit unsere Qualität im Einsatz weiter verbessern. Außerdem gab es Wechsel in der Vereinsleitung, die eine Einarbeitung neuer Mitglieder in diese Funktionen notwendig machte. Wir wollen uns an dieser Stelle aber auch bei jenen bedanken, die diese Stellen zuvor, teils über Jahre, zuverlässig ausgefüllt haben.


Die Einsatzstatistik

Das Jahr 2024 war ein Rekordjahr mit mehr Einsätzen als je zuvor. 52 Mal ging die Sanitätsgruppe Süd-West e.V. in den Einsatz und sicherte vor allem Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz und nicht kommerzielle Kulturveranstaltungen sanitätsdienstlich ab. Dabei zählten wir 399 Hilfeleistungen, die sich in 189 chirurgisch, 63 internistisch, 37 psychisch und 110 durch Reizgase bedingte Behandlungen aufteilten. Damit gab es in allen Kategorien eine Steigerung der Verletztenzahlen gegenüber des Vorjahres, die sich jedoch durch die Zunahme der Einsatzmenge erklären lässt. Bezüglich der Verletzungsschwere kann hingegen erfreulicher Weise ein Rückgang jener Patient*innen wahrgenommen werden, die zur Weiterbehandlung an den öffentlichen Rettungsdienst, ein Krankenhaus oder in eine andere ärztliche Versorgung übergeben werden mussten. Dies war im Jahr 2024 17 Mal der Fall.

Folgende Einsätze hatten mindestens 15 Hilfeleistungen:

  • März: WIZO-Konzert (16 Versorgungen) – Stuttgart
  • Mai: Revolutionäre 1. Mai Demonstration (97 Versorgungen) – Stuttgart
  • Juni: Proteste gegen AfD Bundesparteitag (55 Versorgungen) – Essen
  • Juli: Kicken gegen Rassismus (22 Versorgungen) – Stuttgart
  • August: Umsonst & Draußen Festival (101 Versorgungen) – Stuttgart
  • September: Rheinmetall Entwaffnen Camp & Proteste (24 Versorgungen) – Kiel
  • November: Proteste gegen Aufmarsch von NPD und Die Rechte (15 Versorgungen) – Karlsruhe

Die Finanzen

Wir möchten euch an dieser Stelle auch kurz darüber berichten, wie unser Verein finanziell dasteht. Auch wenn die Sanitätsgruppe Süd-West e.V. das Jahr 2024 mit einem knappen Plus abschließen konnte, so ist dies aktuell alles andere als selbstverständlich. Nach wie vor kommt deutlich mehr als die Hälfte der Spendeneinnahmen von den Vereinsmitgliedern selbst, die sich nicht nur finanziell, sondern zusätzlich mit ihrer Arbeitskraft einbringen um unser Engagement zu ermöglichen. Dabei stoßen wir selbst unweigerlich an die Grenze dessen, was wir an Finanzen in den Verein einbringen können.

Gleichzeitig steigen die Kosten, sowohl für laufende Kosten, wie z.B. Verbrauchsmaterial, Mietnebenkosten und Versichernungen, als auch für notwendige Investitionen, wie die neue Rettungsrucksäcke im vergangenen Jahr, inflationsbedingt an. Obwohl wir neue Spender*innen hinzugewinnen konnten, sind auch alte Spender*innen, bei denen wo wir es wissen wegen ihrer eigenen wirtschaftlichen Situation, weggebrochen. Auch im kommenden Jahr stehen weitere wichtige Investitionen an. So muss z.B. die Plane unseres Zeltes für die große Sanitätsstation ersetzt werden, da sie inzwischen einige Löcher aufweist. Außerdem benötigt unser Material in Karlsruhe ein neues Lager, nachdem das alte kostenfreie Umzugsbedingt weggefallen ist. Hier müssen wir künftig mit Mietkosten rechnen, die aktuell nicht gegenfinanziert sind.

Daher möchten wir euch an dieser Stelle um eure Unterstützung bitten: Uns helfen besonders viele kleine regelmäßige Spenden per Dauerauftrag auf unser Vereinskonto (Sanitätsgruppe Süd-West e.V., IBAN DE92 6009 0100 0524 5980 02, BIC VOBADESS, Volksbank Stuttgart eG, Verwendungszweck: Spende). Dadurch bekommen wir Planungssicherheit für unsere laufenden Kosten. Vielleicht kennt ihr die eine oder andere Person, die ihr auf uns aufmerksam machen könnt oder habt selbst die Möglichkeit uns einige wenige Euros pro Monat zu spenden. Spendenbescheinigungen könne wir auf Anfrage ausstellen. Wir danken euch für eure Unterstützung und euer Vertrauen!


Rheinmetall Entwaffnen in Kiel

Vom 03. bis 08. September sicherten wir zusammen mit anderen Demosanitätsgruppen die antimilitaristischen Proteste des überreginalen Bündnisses „Rheinmetall Entfaffnen“ in Kiel ab. Der Ort der Proteste war dabei nicht zufällig gewählt. Kiel ist als Stadt an der Ostsee nicht nur einer der größten und bedeutendsten maritimen Bundeswehr-Standorte, sondern auch ein wichtiger Sitz der deutschen Rüstungsindustrie. Neben dem namensgebenden Rüstungskonzern Rheinmetall, der hier mit einem Werk ansässig ist, werden in Kiel unter anderem U-Boote und andere Kriegsschiffe gefertigt.

Ab Dienstag, den 03. September beleuchteten zunächst verschiedene thematische Inputs und Workshops auf dem Protestcamp im Werftpark das Thema Antimilitarismus aus verschiedenen Blickwinkeln. Gegen Ende der Woche wurde es dann zunehmend aktionistischer. So zog man in der Nacht auf Freitag mit mehreren Hundert Teilnehmer*innen los, um die ansässige Rüstungsindustrie zu blockieren. Anscheinend war den Beschäftigten an diesem Tag jedoch frei gegeben worden. „Rheinmetall entwaffenen“ verbucht dies als Erfolg und interpretiert: „Allein unsere Anwesenheit in der Stadt hat die Arbeit in der Kieler Rüstungsindustrie für ein paar Tage stillgelegt.“

Am Samstag schließlich fand unter dem Motto „Gemeinsam gegen Kriegsprofiteure und Militarisierung“ die Abschlussdemonstration statt, an der sich laut dem Bündnis rund 1200 Personen beteiligten. Der Protestzug zog vom Kieler Bootshafen über den Hauptbahnhof zum Vinetaplatz, wo die Zwischenkundgebung stattfand. Im Anschluss lief man bis zur Werft von Thyssenkrupp Marine Systems. In dieser Werft werden moderne U-Boote gefertigt.

Die Polizei setzte bei der Aktion am Freitag und der samstäglichen Demonstration mehrfach Pfefferspray und körperlich Zwang gegen die Demonstrierenden ein. Es kam zu einigen Verletzten, die durch uns und weitere Demosanitäter*innen behandelt werden mussten. In Einzelfällen war eine Weiterbehandlung im Krankenhaus erforderlich.

Wir bedanken uns bei den anderen beteiligten Demosanitätsgruppen für die gute Zusammenarbeit.


Rheinmetall Entwaffnen: hohe Verletztenzahlen & verletzter Sanitäter

Dieses Wochenende sichert ein Team der Sanitätsgruppe Süd-West e.V. zusammen mit anderen Demosanitätsgruppen die Proteste von „Rheinmetall Entwaffnen“ in Kassel sanitätsdienstlich ab.

Im Verlauf der Blockadeaktionen am Freitag Morgen kam es dabei zu einem massiven Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken durch anwesende Polizeikräfte gegen Versammlungsteilnehmer*innen. In der Folge mussten insgesamt 87 Personen (80x Pfefferspray, 7x chirurgisch) behandelt werden. Wir bedanken uns an dieser Stelle neben den anderen Demosanitäter*innen vor allem bei den Versammlungsteilnehmer*innen, die die Behandlung tatkräftig unterstützt haben, indem sie Verletzte betreut oder weiteres Wasser für die Augenspülung besorgt haben. Im Zuge der Polizeimaßnahmen wurde auch ein Sanitäter der Sanitätsgruppe Süd-West e.V. durch Pfefferspray verletzt während er sich in einer Patient*innenbehandlung befand. Unsere Sanitätskräfte sind durch leuchtende Einsatzkleidung klar gekennzeichnet und von anderen Personen unterscheidbar.


Einsatz bei #RheinmetallEntwaffnen

Heute war unser Team über 12 Stunden bei den antimilitaristischen Protesten von #RheinmetallEntwaffnen im Einsatz. Das Bündnis hatte zu insgesamt 3 Blockaden gegen den Rüstungskonzern aufgerufen, die u.a. von uns seit 6 Uhr in der Früh sanitätsdienstlich abgesichert wurden. Dabei versorgte unser Team insgesamt 8 Patient*innen (5x chirurgisch, 3x internistisch).

Aktuell befinden sich unsere Einsatzkräfte auf der weiten Heimreise nach Stuttgart.

(Bildquelle u.a.: Nico Kuhn)