Proteste gegen Naziaufmärsche in Baden-Württemberg

Am gestrigen Samstag hatten verschiedene Neonazigruppen zusammen mit dem rechten Rand des Querdenkenspektrums unter dem Motto „Gemeinsam für Deutschland“ gleich in drei Städten in Baden-Württemberg zu Demonstrationen aufgerufen. Auch in anderen Bundesländern kam es zu ähnlichen Versammlungen. Wir sicherten als Sanitätsgruppe Süd-West e.V. die antifaschistischen Gegenproteste in Balingen, Karlsruhe und Reutlingen sanitätsdienstlich ab.

Balingen:

In Balingen beteiligten sich zunächst ca. 350 Personen an der antifaschistischen Kundgebung auf dem Viehmarkt, bevor eine dreistellige Personenzahl für direktere Proteste Richtung Stadtkirche zog, wo sich ebenfalls rund 350 ultrarechte Demonstrierende versammelt hatten. Dadurch wurde auch ein Demonstrationszug der rechten Seite verhindert, die deshalb nur im Kreis um die Stadtkirche zog. Wir hatten eine chirurgische Versorgung.

Karlsruhe:

In Karlsruhe beteiligten sich rund 1500 Antifaschist*innen am Gitterprotest auf dem Schlossplatz gegen rund 200 Rechtsextremist*innen, die ihre Versammlung in einem von Gittern umzäunten Bereich abhalten mussten. Es gab jeweils kurze Demonstrationen zur U-Bahn-Haltestelle. Wir sicherten die Proteste zusammen mit autonomen Demonsanitäter*innen ab, die 2 Behandlungen hatten. Wir selbst mussten nicht tätig werden. Wir bedanken uns herzlich für die gute Zusammenarbeit und freuen uns auf das nächste Mal.

Reutlingen:

Eine vierstellige Anzahl Personen nahm in Reutlingen an den antifaschistischen Protesten gegen rund 500 Rechtsradikale teil, die sich auf dem Bösmannsecker versammelt hatten. Dabei gelang es Gegendemonstrierenden bereits recht früh auf der Tübinger Straße, der geplanten Demonstrationsroute der Rechten, in Sichtweite zur rechten Versammlung, eine Blockade zu errichten. Als weitere Demonstrierende sich an Blockadeaktionen gegen den rechten Aufmarsch von der antifaschistischen Kundgebung im Bürgerpark aus beteiligen wollten, setzte die Polizei sofort und ohne Vorwarnung in größeren Mengen Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Dabei kam es zu zahlreichen Verletzten. Während rund 200 Demonstrierende im Bürgerpark eingekesselt wurden, konnte sich ein anderer Teil der Demonstrierenden der Blockade in der Tübinger Straße anschließen, die sich im Verlauf aufteilte, um auch die Gminderstraße zu blockieren. Dadurch wurde die geplante rechte Demonstration zum Marktplatz erfolgreich blockiert, sodass diese nur über die Hauffstraße durch das samstags leere Industriegebiet ziehen konnte.

Im Anschluss formierte sich von den Blockaden aus ein Demonstrationszug zum Hauptbahnhof, wo die Abreise stattfinden sollte. Während der Demonstration provozierten rechte Störer*innen vom Rand aus eine Auseinandersetzung. Die Polizei nahm dies zum Anlass mit Polizeipferden in die Demonstration zu reiten. Dabei nahm sie keine Rücksicht auf unsere Einsatzkräfte und ritt fast eine klar erkenntliche Sanitätskraft um, die sich nur knapp in Sicherheit bringen konnte. Am Hauptbahnhof nutzte die Polizei die Abreise um mit Greiftrupps vermehrt Personen, teils mit starker körperlicher Gewalt, festzunehmen.

Auch wenn wir im Wesentlichen unserer Arbeit ungehindert nachkommen konnten, gab es immer wieder Situationen, in denen wir von der Polizei behindert wurden. Neben dem gefährlichen Vorfall mit dem Pferd wurden unsere Sanitätskräfte beim Begleiten der Demonstration immer wieder von der Polizei ohne Vorwarnung herum geschubst. Am Kessel in der Nähe des Bürgerparks war eine Versorgung von Verletzten zwar meist möglich, bedurfte aber immer wieder langwierigen Diskussionen mit den Beamt*innen, um medizinisch klar erforderliche und rechtlich nicht verweigerbare Maßnahmen zu ermöglichen.

Wir sicherten die Gegenproteste zusammen mit einer freien Demosanitäterin aus Mannheim sanitätsdienstlich ab und möchten uns bei ihr für die gute Zusammenarbeit bedanken. Zusammen hatten wir insgesamt 28 Versorgungen (20x Pfefferspray, 4x chirurgisch, 2x psychisch, 2x internistisch). Gerade nach dem Pfeffersprayeinsatz versorgten sich jedoch viele Teilnehmer*innen selbst, sodass von einer hohen Dunkelziffer, die das zwei- bis dreifache höher liegen dürfte, auszugehen ist.


Ostermarsch Stuttgart 2025

Am gestiegen Samstag stand für uns der Sanitätsdienst beim Ostermarsch in Stuttgart auf dem Programm. Rund 4.500 Personen beteiligten sich an der traditionellen Friedensdemonstration, die nach einer Auftaktkundgebung mit mehreren Reden und Musik vom Schlossplatz aus einmal im Kreis durch die Innenstadt zog und wieder auf dem Schlossplatz endete. Als Beginn der Versammlung war die aktuelle Zeit der sogenannten Weltuntergangsuhr (89 Sekunden vor Zwölf) gewählt worden, die symbolisch aufzeigt, wie nah wir aktuell dem Weltuntergang durch Atomkrieg, Klimakatastrophe und Co. sind. Wir hatten keine Versorgungen.


Global Climate Strike in Stuttgart

Heute sicherten wir den Global Climate Strike von Fridays for Future in Stuttgart sanitätsdienstlich ab. Eine dreistellige Zahl beteiligten sich an der Demonstration, die vom Marktplatz in einem großen Bogen durch die Innenstadt zog und wieder auf dem Marktplatz mit einer Abschlusskundgebung endete. Neben mehreren Reden gab es zum Ende auch ein offenes Mikrofon, bei dem die Teilnehmer*innen ihre Gedanken mit den Anwesenden teilen konnten.


Neues Zuhause in Karlsruhe gesucht!

Unsere Sanitätsrucksäcke brauchen eure Hilfe! Bisher haben sie in Karlsruhe kostenlos in einer WG gewohnt. Doch da müssen sie nun leider raus. Daher brauchen wir einen neuen, finanzierbaren Raum, in dem wir Demosanitäter*innen unser Sanitätsmaterial unterbringen können. Rettungsrucksäcke brauchen jedoch eine artgerechte Unterbringung. Unten findet ihr daher die notwendigen Anforderungen an unsere zukünftiges Lager in Karlsruhe. Vielleicht weiß jemand von euch, wo wir kostengünstig ein kleines Lager in Karlsruhe finden können, damit wir euch weiter auf Demonstrationen helfen können.

Anforderungen an das neue Lager in Karlsruhe:

  • 1 Raum mit mindestens 10m²
  • abschließbar, aber frei zugänglich für Vereinsmitglieder
  • trocken, frost- und hitzegeschützt, am Besten beheizt
  • Stromanschluss und Beleuchtung
  • Wasseranschluss und WC (gerne auch geteilt mit Anderen)
  • günstige Miete

Infos gerne an kontakt@demosanitäter.com oder unsere anderen Erreichbarkeiten.

Wir danken euch von Herzen! ❤


Statement zum 8. März in Stuttgart

Aus aktuellem Anlass – mehr findet sich in den Artikeln der Stuttgarter Zeitung dazu – möchten wir unsere Sicht auf die Ereignissen am 8. März während der Demonstration zum Frauenkampftag mitteilen:


1.) Nach den Festnahmen wurden wir direkt zu der am Boden liegenden Demonstrantin durchgelassen um diese kurz zu untersuchen.


2.) Als es der Patientin schlechter ging, ließ uns die Polizei erst nach kurzer Diskussion erneut zu der festgenommen Patientin durch, baute sofort einen großen Zeitdruck auf und setzte uns ein 5-Minuten-Fenster für die Behandlung. Nach Ende der Behandlung wurde unser Team rausgeführt. Auf die Bitte geholt zu werden, wenn es der Patientin schlechter gehe, wurde geantwortet, dass man dies „in Erwägung ziehe“ und man stattdessen ggf. den öffentlichen Rettungsdienst hole. Unser Team bestand aus einer Notfallsanitäterin und einem Notarzt. Wir kritisieren den unnötigen Zeitdruck. Während einer medizinischen Behandlung bestimmt selbstverständlich alleine die höchstausgebildete medizinische Einsatzkraft, wann diese beendet ist. Ebenso ist es nicht akzeptabel einen anwesenden, in dem Fall auch noch hoch ausgebildeten Sanitätsdienst im Falle eines medizinischen Notfalls ggf. nicht hinzuziehen zu wollen.


3.) Wir hatten außerdem darum gebeten aufgrund des medizinischen Zustands die weitere Abarbeitung kurz zu halten. Diese dauerte trotzdem ca. 2 Stunden. Nachdem wir dies jedoch erneut angesprochen hatten und unsere Bedenken über den medizinischen Zustand zum Ausdruck gebracht hatten, wurde die Patientin innerhalb weniger Minuten aus dem Gewahrsam entlassen.


4.) Nach dem Kollaps der Patientin nach ihrer Entlassung aus dem Gewahrsam wurde der Bereich um die Patientin unnötigerweise umgehend von der Polizei abgeriegelt. Dadurch war es Freund*innen der Person nicht möglich zu ihr zu gelangen, was zu einer weiteren Eskalation beitrug, die nicht förderlich für die Behandlungsmaßnahmen war. Generell können Angehörige und Bekannte medizinische Maßnahmen oft gut unterstützen, indem sie z.B. Informationen weiter geben oder die Patient*in beruhigen. Die Polizei unterstützte uns jedoch aktiv bei der notwendigen Behandlung, bis die Übergabe an den öffentlichen Rettungsdienst erfolgt war.

Artikel der Stuttgarter Zeitung, auf die sich unser Statement bezieht:

Kritik an massivem Polizeieinsatz bei Kundgebung

Wie reagiert die Polizei auf die Kritik?


Heraus zum 8. März – Einsätze in 3 Städten

Seit 1921 setzen Frauen auf der ganzen Welt am 8. März ein Zeichen für Gleichberechtig und gegen patriarchale Diskiminierung. Der internationale Frauenkampftag geht zurück auf einen Vorschlag Clara Zetkins auf der internationalen Konferenz sozialistischer Frauen 1910. Sie griff damit eine Idee aus dem USA auf, wo bereits im Jahr zuvor ein Kampftag für Frauenstimmrecht stattgefunden hatte. In den Folgejahren wechselte mehrmals das Datum, bevor man sich auf einer internationalen Konferenz kommunistischer Frauen 1921 auf den 8. März einigte, dem Tag an dem ein Streik von Textilarbeiterinnen 1857 in New York überliefert, aber nicht eindeutig belegt ist. Vor allem waren am 8. März 1917 (23. Februar nach julianimschem Kalender) jedoch die Frauen in Petrograd auf die Straße gegangen und hatte so die Februarrevolution in Russland ausgelöst. Seit den Anfängen des 8. März wurde viel erkämpft: das Frauenwahlrecht, Arbeitsrecht ohne Zustimmung des Ehemanns, Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe und vieles mehr. Und doch bleiben viele Themen, die dem Tag auch heute noch seine Berechtigung geben: zum Beispiel die Genderpaygap, Care-Arbeit, Gewalt an Frauen, die Illegalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, die Doppeldiskriminierung queerer Personen und BIPOCs, sowie nicht zuletzt eine erstarkende Rechte, die viele Errungenschaften wieder rückgängig machen will. Und so gingen auch heute wieder in ganz Deutschland und weltweit Frauen, FLINTA und Queere gemeinsam mit solidarischen Männern auf die Straße um diesen Themen Gehör zu verschaffen.

Als Sanitätsgruppe Süd-West e.V. begleiteten wir die Demonstrationen zum 8. März in Stuttgart, Karlsruhe und Tübingen. In Stuttgart beteiligten sich rund 5000 Teilnehmer*innen an der Demonstration. Es kam zu kleineren Auseinandersetzungen mit der Polizei und einzelnen Festnahmen. Eine Person musste in Stuttgart durch uns behandelt und an den öffentlichen Rettungsdienst übergeben werden. Im Karlsruhe und Tübingen beteiligten sich jeweils ca. 1700 Personen an den Demonstrationen. Wir hatten eine Behandlung in Tübingen. Im Karlsruhe mussten wir niemanden versorgen. Wir wünschen allen Patient*innen eine gute Genesung und bedanken uns beim DRK-Rettungsdienst für die gute Zusammenarbeit.

(Quelle Titelbild und Bild 1, 3, 4 aus Tübingen: Luca Engelhard)

Bilder aus Stuttgart:

Bilder aus Karlsruhe:

Bilder aus Tübingen:

In eigener Sache:


„Free Hanna“ Demonstration

Nachdem am Mittwoch, den 19 Februar 2025, der Prozess im Budapest-Verfahren gegen die Antifaschistin Hanna vor dem Oberlandesgericht München begonnen hatte, versammelten sich am darauffolgenden Samstag rund 900 Personen zur Demonstration durch München. Sie forderten die Freilassung von Hanna und der anderen im Budapest-Verfahren Angeklagten und die Einstellung der Verfahren gegen sie.

Hanna und weiteren Antifaschist*innen wird vorgeworfen 2023 in Budapest während des größten Naziaufmarschs Europas Nazis angegriffen zu haben. Ungarn ist bekannt dafür das offene zur Schau stellen nationalsozialistischer Ideologie in einer Weise zu erlauben, die in anderen Ländern zu strafrechtlichen Konsequenzen führen würde. Daher findet in Budapest regelmäßig der größte Naziaufmarsch Europas statt.

Wir sicherten zusammen mit den Münchner Demosaniäter*innen die Demonstration sanitätsdienstlich ab. Wir hatten insgesamt zwei Behandlungen. Wir bedanken uns bei den Kolleg*innen aus München für die gute Zusammenarbeit.


5. Jahrestag von Hanau

Am 19. Februar 2020 erschoss ein Faschist in Hanau neun Menschen mit Migrationshintergrund, sowie seine Mutter. Weitere Personen wurden verletzt. Der Anschlag, bei dem der Täter gezielt Orte aufsuchte, die häufig von Migrant*innen besucht wurden, reiht sich ein in eine zunehmende Zahl rechter Gewalttaten in einer Zeit, in der Rassismus zunehmend hoffähig wird. Auch wird den Behörden eine Vielzahl von Verfehlungen vorgeworfen, z.B.: unerreichbarer Polizeinotruf, auf Anweisung der Polizei blockierte Notausgangstüren um einfacher regelmäßige Razzien durchführen zu können und die Erteilung einer Waffenbesitzerlaubnis trotz bekannter Gefährdung an den Täter. Auch an der Aufarbeitung des behördlichen Fehlverhaltens gibt es Kritik. So wurden Ermittlungen teils erst durch Druck der Angehörigen eingeleitet und verliefen im Sande.

Am gestrigen 5. Jahrestag fanden in verschiedenen Städten in Deutschland Kundgebungen und Demonstrationen statt, um der Opfer zu Gedenken und für eine vielfältige Gesellschaft ohne rassistische Hetze, Ausgrenzung und Gewalt zu demonstrieren. Wir sicherten die Versammlungen in Karlsruhe und Stuttgart sanitätsdienstlich ab, an denen sich ca. 600 bzw. 500 Personen beteiligten. In Karlsruhe hatten wir keine Behandlungen, in Stuttgart wurden zwei Personen behandelt.

Wir wünschen die Angehörigen der Opfer viel Kraft.


Proteste gegen NATO-Sicherheitskonferenz

Aktuell findet die alljährliche Sicherheitskonferenz der NATO im Bayrischen Hof in München statt. Am gestiegen Samstag riefen verschiedeneste Organisationen zu einer Gemeinsamen Großdemonstration und Menschenkette dagegen auf, an denen sich run 3000 Personen beteiligten und die den Tagungsort symbolisch umzingelten.

Die Auftaktkundgebung fand am Stachus/Karlsplatz mit musikalischer Begleitung und mehreren Reden statt. Es wurde unter anderem auf die gegen die Palästinenser*innen in Gaza verübten Kriegsverbrechen eingegangen. Auch die Angriffe der Türkei auf die kurdische Selbstverwaltung in Nordsyrien/Rojava wurde eingegangen und die Rüstungsexporte an die Türkei und Israel kritisiert. Im Anschluss lief die Demonstration zum Marienplatz, wie sie mit einer Abschlusskundgebung endete. Ebenso wurde eine Menschenkette auf der anderen Seite des Bayrischen Hofs vom Stachus zum Marienplatz gespannt. Im Anschluss fand ein internationalistisches Fest im Eine-Welt-Haus. Dort gab es unter anderem eine Volxküche und musikalische Beiträge.

Wir sicherten die Proteste zusammen mit den Demosaniäter*innen aus München medizinisch ab. Wir hatten zusammen insgesamt 2 Behandlungen.